Niederländisch, Holländisch, Flämisch,…
Die meisten Bayern sind verständlicherweise eher gen Süden gewandt und befassen sich nicht so oft mit den Nachbarn im Nordwesten. Wenn dann Begriffe wie Niederländisch, Holländisch, Flämisch,… fallen, sehe ich oft eine Augenbraue hochgehen.
Holländisch und Flämisch sind beide niederländische Sprachen. Die Unterschiede zwischen beiden sind ähnlich wie die zwischen Deutsch und Österreichisch, wobei die Flamen in diesem Fall die Österreicher wären. Es gibt nur ein Wörterbuch für beide Sprachen und in der Fachliteratur sind keine allzu großen Unterschiede erkennbar. Im Alltag unterscheiden sich jedoch der Wortschatz und die Aussprache zum Teil erheblich.
Im engeren Sinne besteht Holland nur aus zwei der insgesamt zwölf niederländischen Provinzen: Nord- und Südholland. Dort befinden sich die wichtigsten Städte Amsterdam und Rotterdam und dort wohnt auch ein Drittel der niederländischen Bevölkerung. Da diese Provinzen auch geschichtlich und wirtschaftlich von großer Bedeutung sind, hat sich die Bezeichnung „Holland” auf das ganze Land ausgedehnt.
Nicht alle Niederländer finden es in Ordnung, wenn ihr Land als „Holland” und ihre Sprache als „Holländisch” bezeichnet wird. Im Gespräch mit Deutschen werden sie aber trotzdem oft sagen: „Ich komme aus Holland”, einfach weil man dafür keinen Dativ braucht. „Ich komme aus den Niederlanden” ist da schon etwas komplizierter. Auf Deutsch können Sie für die Niederlande und Niederländisch also auch die Begriffe Holland und Holländisch benutzen.
Etwas befremdlich wirkt es jedoch, dass es für den Begriff „Niederländisch” auf Spanisch und Italienisch nur die Übersetzung „holandés” bzw. „olandese” gibt, die für das ganze Gebiet inklusive Flandern herhalten soll.
Da in Belgien bis weit ins 20. Jahrhundert hinein im öffentlichen Bereich hauptsächlich Französisch gesprochen wurde, konnte sich lange keine einheitliche flämische Variante bilden. Die heimischen Dialekte blieben daher ziemlich stark.
In den 1960er Jahren versuchte man, den flämischen Schülern die holländische Aussprache aufzuzwingen. Diese wurde jedoch als sehr künstlich empfunden. Das „Schulmeisterniederländisch” konnte sich nicht durchsetzen.
Inzwischen gibt es eine eigenständige flämische Aussprache, die jedoch vorerst fast nur von Fernseh- und Radiomitarbeitern beherrscht wird. Von Generation zu Generation gibt es eine starke Entwicklung: Viele Flamen sprechen mit ihren Geschwistern noch Dialekt, mit ihren Kindern dagegen eher „Standardflämisch”.
Inzwischen wird im führenden niederländischen Wörterbuch (Van Dale) nicht nur gekennzeichnet, welche Wörter nur in Belgien benutzt werden, sondern auch, welche nur in den Niederlanden verwendet werden. In 20 Jahren wird deshalb wahrscheinlich eher der Vergleich amerikanisches vs. britisches Englisch passend sein, wobei die Flamen dann die Briten wären.
Es gibt keine belgische Sprache.
In den nördlichen Provinzen wird Niederländisch, auch Flämisch genannt, gesprochen, in den südlichen Provinzen Französisch, auch Wallonisch genannt. Brüssel ist offiziell zweisprachig, in der Praxis wird dort jedoch mehr Französisch als Niederländisch gesprochen.
Deutsch ist ebenfalls Amtssprache, wird aber nur von ca. 75.000 Menschen im Osten Belgiens als Muttersprache verwendet.
